Fragen, Tipps und Tricks

Neuer AART – Reibwert passt nicht, Abrasivität passt nicht – was nun?

Die ersten Tage und Wochen nach der Inbetriebnahme eines neuen AART oder einer neuen Fahrbahn können etwas frustrierend sein, weil sich Reibwert und Abrasivität der Fahrbahn gerade in der Startphase noch stark ändern können.

Wir haben ab Werk die Fahrbahn bestmöglich kalibriert, d.h. wir haben in einem aufwendigen Prozess mit dem Stocker-Werkzeug den Reibring ausgestemmt, die Fahrbahn im AART ausgerichtet und diesen dann mit Meißel, Drahtbürste, Schleifpapier und Nylonbürste so bearbeitet, dass Reibwert und Abrasivität der Fahrbahn den Vorgaben nach EN17092:2020 entsprechen. Dies ist im Kalibrierbericht der Fahrbahn dokumentiert. Trotzdem zeigen unsere Erfahrungen, dass sich ein konstantes Verhalten erst nach einiger Zeit einstellt.

Warum ist das so? Das Darmstädter Verfahren basiert auf dem Reibvorgang zwischen der zu testenden Schutzkleidung und einer realitätsnahen Betonfahrbahn. Diese besteht aus Steinanteilen unterschiedlicher Körnung und wird durch Beton gebunden, der aus Sand und Zement besteht. Gerade die Betonanteile sanden noch längere Zeit immer wieder aus und reduzieren den Reibwert. Dies ist ein verfahrensbedingter Vorgang, der sich leider nicht ändern lässt. Auch kleinere Steinchen werden in der Startphase aus der Fahrbahn ausbrechen und die Abrasivität der Fahrbahn ändern.

Sie können diese natürliche und gewünschte Alterung begünstigen, wenn Sie den Reibring der Fahrbahn vor jedem Test kräftig mit einer Nylonbürste abreiben und den gelösten Sand und Staub gründlich mit einem Staubsauger absaugen.

Nachfolgend wollen wir Ihnen einige Tipps geben, wie Sie sich mit Ihrem neuen AART möglichst schnell anfreunden 😊

Empfohlene Ausrüstung für den Betrieb des AART – was brauche ich wirklich?

Gerade in der Startphase ist es wichtig, den Reibring der Fahrbahn bearbeiten zu können. Wir empfehlen deshalb einiges an Equipment, um sich die Arbeit zu erleichtern.

Geräte zur Fahrbahnpflege

Nylonbürste, Drahtbürste, Schleifpapier (Körnung 180), Meißel, Hammer, Stockerwerkzeug (HILTI 76450717), Nylonhammer

Montagetritt und Staubsauger

Durch Nutzung eines Montagetritts erreichen Sie den hinteren Bereich des AART auch problemlos von vorne und können z.B. die Fahrbahnreinigung in einem Schritt von vorne erledigen.

Montagetritt und Staubsauger
Bei Fehlern immer zunächst Voraussetzungen prüfen

Sollten Reibwert oder Abrasivität mit dem Referenzmaterial Cotton Canvas außerhalb des Normbereichs (µ = 0,52 ± 0,05, pass@354rpm, fail@413rpm) liegen, dann empfehlen wir zur Beurteilung immer drei Schüsse nach EN17092-1 (Kap. 5.4.5.2, Tab. 6) durchzuführen, so dass die Proben in jeder Ausrichtung auf jedem Probenträger getestet wurden. Nur so lässt sich erkennen, ob alle Probenarme gleich arbeiten, die Materialschädigung wie erwartet im Wesentlichen von der Orientierung (0°, 45°, 90°) abhängt und ob Reibwert und Materialschädigung wenigstens über die drei Schüsse konstant bleibt.

Verfallen Sie bitte nicht vorschnell in Aktionismus. Eventuell hat sich nur eine leichte Sandschicht gebildet, die sich durch Reinigung beseitigen lässt.

Prüfen Sie immer zunächst:

  • Ist die Fallhöhe korrekt auf 10mm eingestellt? Falls nein: Einstellen
  • Sind die Gummipuffer gut eingerieben?
  • Greifen alle Schnellspannverschlüsse korrekt (kein Spalt über dem Probenhalter)? Falls nein: Schnellspannverschlüsse einstellen.

Wenn Sie auch nach der Überprüfung noch davon überzeugt sind, dass Sie am AART oder der Fahrbahn etwas ändern müssen, dann empfehlen wir dringend bei den hier beschriebenen Schritten niemals mehrere Parameter gleichzeitig zu ändern!

Wie stelle ich die Schnellspannverschlüsse richtig ein?

Beim Einstellen der Schnellspannverschlüsse drehen Sie den Schließhaken soweit zu, dass sich der Hebel gerade nicht mehr schließen lässt und drehen sie den Haken dann eine Umdrehung zurück. Siehe Video.

Sollte das Einspannen von Probenmaterial danach sehr schwergängig sein, dann reduzieren Sie die Vorspannkraft der drei Schrauben.

Wichtig ist, dass nach dem Einstellen der Deckel des Probenträgers im gespannten Zustand ohne Spalt auf dem Halter aufliegt, wie im Bild dargestellt:

Kein Spalt zwischen Deckel des Probenrägers und Halter
Fahrbahn Reinigung mit der Nylonbürste

Nach jedem Test sollte der Reibring gründlich mit der Nylonbürste abgerieben und abgesaugt werden. Siehe Video.

Fahrbahnreinigung

Nach allen Arbeiten am Reibring (Meißel, Stockerwerkzeug, Schleifpapier, Gummipuffer einreiben etc.) oder nach dem Test färbender oder anhaftender Materialien empfehlen wir die Fahrbahn durch einen Schuss mit Para Aramid (3 Lagen, 354rpm) zu reinigen.

Wie reduziere ich den Reibwert?

Hier gilt gleich zweimal Achtung!

Achtung 1: Glückwunsch! Erst mal nichts machen! Reibwert zu hoch ist kein schlechter Zustand, da er – zumindest bei neuen Fahrbahnen – von selbst sinken wird. Ggf. helfen schlicht 5-10 Schüsse!

Achtung 2: So lange Cotton Canvas versagt und das darunter liegende Para Aramid nennenswert in Kontakt mit der Fahrbahn kommt, dürfen Sie sich nicht auf den gemessenen Reibwert verlassen. Die 0,52-Vorgabe gilt nur für Cotton! Sie sollten dann zuerst versuchen die Abrasivität zu senken. Anschließend werden Sie beobachten, dass der Reibwert durch das oben beschriebene Aussanden von selbst sinkt.

Die Bearbeitung des Reibrings mit Schleifpapier sollte dann wirklich erst als letztes Mittel zum Einsatz kommen, wenn der Reibwert auch nach vielen Testdurchführungen nicht weiter sinkt.

Einsatz von Schleifpapier: Schneiden oder reißen Sie sich ein etwa drei Finger breites und Handflächen langes Schleifpapier mit 180er Körnung aus. Drücken Sie das Schleifpapier mit den drei mittleren Fingern auf den Reibring und Kreisen sie mit einem Durchmesser von etwa 5 cm gleichmäßig etwa ein Viertel des Reibrings auf der Fahrbahn entlang, danach ist das Papier verbraucht. Drehen Sie dann das Schleifpapier, so dass der frische Bereich unter Ihren drei Fingern liegt und kreisen Sie das gleiche Viertel des Reibrings wieder zurück. Wiederholen Sie den Vorgang mit frisch ausgeschnittenem Schleifpapier für die nächsten drei Viertel des Reibrings.

Danach sollten Sie die Fahrbahn gründlich mit Nylonbürste und Staubsauger reinigen und den Reibwert prüfen.

Wie erhöhe ich den Reibwert?

Sollten Sie einen zu niedrigen Reibwert messen, dann prüfen Sie zunächst, ob die Fahrbahn frei von abgeriebenem Sand ist. Im Zweifel reinigen Sie bitte nochmals gründlich. In aller Regel entspringt der niedrige Reibwert dem Aussanden der Fahrbahn. Die sandhaltigen Betonanteile können Sie durch eine Stahlbürste anrauen. Bearbeiten Sie den gesamten Reibring mit der Stahlbürste radial. Siehe Video.

Anrauen des Reibringes mit der Stahlbürste

Danach reinigen Sie die Fahrbahn bitte gründlich mit Nylonbürste und Staubsauger, bevor Sie den Reibwert mit Cotton Canvas überprüfen.

Sollte dies den Reibwert nicht hinreichend anheben, dann wiederholen Sie den Vorgang mit der Stahlbürste. Erhöhen sie dabei den Druck auf die Bürste und versuchen Sie auch die Bürstrichtung zu variieren.

Im Laufe der Zeit (Wochen, Monate mehrere Hundert Schuss), sind die sandhaltigen Betonbereiche weitestgehend abgenutzt bzw. ausgesandet, so dass sich der Reibvorgang fast ausschließlich auf den gröberen Steinen vollzieht. Die Stahlbürste kann dann keinen wesentlichen Beitrag mehr leisten.

Erst wenn etwa 10-malige Anwendung der Stahlbürste nicht zum gewünschten Erfolg führt, sollten Sie dazu übergehen, die Fahrbahn mit dem Stockerwerkzeug zu bearbeiten (siehe Video). Wir empfehlen dringend, NICHT den gesamten Reibring neu zu bearbeiten, sondern zunächst nur einige hervorstehende Bereiche, die Sie sich mit den Gummipuffern schwarz markieren können.

Ertasten und Ausschlagen einzelner scharfer Steinchen

Achtung:

Beachten Sie aber dass Sie bei einer umfassenden Bearbeitung mit den Stockerwerkzeug die oberen Schichten der tragenden Steine abtragen. Damit wird sich auch die Abrasivität neu einstellen und es kommen nun auch wieder sandige Betonanteile zum Eingriff. Sie starten mit Ihrer Fahrbahn praktisch wieder beim Auslieferungszustand. Sie sollten nun auch wieder über ein Einreiben neuer Gummipuffer nachdenken.

Wie reduziere ich die Abrasivität?

Wenn das Referenzmaterial bei 354rpm mehrfach trotz korrektem Reibwert durchfällt (Loch, Öffnung >= 5mm) dann müssen Sie die Abrasivität reduzieren. Zunächst sollten Sie dazu den gesamten Reibring mit der Handfläche in Reibrichtung abtasten und eventuell hervorstehende Steinchen oder scharfe Kanten mit Hammer und Meißel bearbeiten. Siehe Video.

Stochastisches Abkratzen des Reibringes

Sollte dies nicht den gewünschten Erfolg bringen, dann können Sie mit dem scharfen Meißel auch in Reibrichtung mit stochastischen Bewegungen zügig, leicht aber ohne großen Druck über die Fahrbahn kratzen. Siehe auch hier Video.

Ertasten und Ausschlagen einzelner scharfer Steinchen
Wie erhöhe ich die Abrasivität?

Wenn das Referenzmaterial Cotton Canvas dauerhaft bei 413rpm kein „fail“ produziert, dann müssen Sie darüber nachdenken den Reibrings mit dem Stockerwerkzeug zu bearbeiten, so wie unter „Wie erhöhe ich den Reibwert?“ beschrieben.

Der Reibring in meiner Fahrbahn ist nicht parallel zur Oberfläche, ist das in Ordnung?

Wir versuchen grundsätzlich den Reibring parallel zur Fahrbahnwanne einzureiben. Das ist aber oft nicht möglich. Frisch gegossene Fahrbahnen haben eine sehr glatte Oberfläche mit feiner Struktur. Die größeren, nach ZTV StB 07 vorgegebenen Steine sinken im Produktionsprozess ab und müssen durch Abtragen der feinen Deckschicht mittels Stocker-Werkzeug freigelegt werden. Ist der gesamte Reibring freigelegt, dann müssen wir darauf achten, dass sich am gesamten Umfang auch gröbere Steinstrukturen befinden und nicht nur Beton. Bei den meisten Fahrbahnen sind die Strukturen aber nicht über den gesamten Umfang dicht unter der Oberfläche, so dass dann partiell tiefer freigelegt werden muss. Dies lässt sich verfahrensbedingt nicht ändern, hat aber keinerlei Einfluss auf die Funktion der Maschine, da die Fahrbahn im Gerät so ausgerichtet wird, dass der Reibring orthogonal zur Rotationsachse des Probensterns steht.

Reibring auf einer Seite tiefer eingefahren als auf anderer Seite